Leitfaden Stahlbau Import

Viele Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) kaufen beschaffen inzwischen Stahlkonstruktionen aus Ländern der EU, vorwiegend aus Zentral- und Osteuropa. Noch größere Einsparungen lassen sich oftmals bei der Beschaffung aus nicht EU-Ländern, wie den Westbalkanstaaten oder der Türkei realisieren. Für viele Unternehmen scheint dieser Schritt aber zu kompliziert, dabei gestaltet sich der Import sehr einfach und kostengünstig.

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie der Import von Stahlkonstruktionen aus dem nicht-EU Ausland abläuft und was es dabei zu beachten gibt.

Stahlbau aus der Balkanregion importieren

Für kleine und mittlere Unternehmen ist die Balkanregion eine attraktive Region um Lohnfertigung wie Schweißen oder die Fertigung von Stahlkonstruktionen auszulagern. Wir vermitteln regelmäßig Lohnfertiger aus Serbien, Bosnien und Herzegowina, Nord Mazedonien oder dem Kosovo an Kunden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Viele Zulieferer aus dieser Region sind relativ kleine Unternehmen mit einfachen Strukturen. Dadurch können Sie individuell auf die Wünsche ihrer Kunden eingehen und auch sehr günstige Preise anbieten. Im Vergleich zu Lieferanten aus der EU liegen die Kosten für ein kg Stahlbau bis zu 0,50€ niedriger.

Viele dieser Unternehmen sind seit längerem wirtschaftlich stabil und haben langjährige Beziehungen zu ihren Kunden im Ausland aufgebaut. Wie die Europäische Kommission berichtet, macht der Export in die Europäische Union fast drei Viertel des gesamten Handels der Region aus. Obwohl sich der Handel mit der Region seit 2006 mehr als verdoppelt hat, macht er immer noch weniger als 1,5% des gesamten EU-Handels aus.

Welche Vorteile bieten Lieferanten für Stahlbau aus der Balkanregion?

  • Die Preise für Lohnfertigung oder Stahlbau liegen in der Regel deutlich unter den Preisen, die in der EU zu erzielen sind.
  • Viele Unternehmen sind seit langem für ausländische Firmen, etwa aus Deutschland oder Österreich tätig und haben sich nach deren Richtlinien qualifiziert und zertifiziert.
  • Die Kommunikation in englischer Sprache stellt in der Regel kein Problem dar. Viele Unternehmen beschäftigen auch Mitarbeiter, die in der Vergangenheit im deutschsprachigen Raum tätig waren und somit mit Sprache, Kultur und Qualitätsanspruch vertraut sind.

Stahlbau aus der Türkei importieren

Die Türkei gehört zu den größten Stahlexporteuren der Welt. Türkische Stahlbaufirmen haben dadurch einen sehr guten Zugang zu Rohmaterial und Halbfabrikaten aus Stahl. Stahlträger kosten in der Türkei aktuell bis zu 300€ pro Tonne weniger als in Deutschland. Niedrige Materialkosten in Verbindung mit attraktiven Lohnkosten stärken die Wettbewerbsfähigkeit der türkischen Stahlbauer.

Türkische Lieferanten sind insbesondere beim strukturellen Stahlbau und bei der Serienfertigung im Vorteil, weil hier die höheren Transportkosten durch das Volumen kompensiert werden.

Welche Voraussetzungen gibt es für den Import? Benötige ich eine Lizenz?

Sie benötigen keine spezielle Lizenz für den Import von Stahlbauteilen. Jedes Unternehmen kann Waren aus dem nicht-EU Ausland importieren. Voraussetzung dafür ist allerdings eine EORI Nummer.

Die EORI Nummer dient der Identifizierung der Wirtschaftsbeteiligten und wird in Deutschland und Österreich vom Zoll vergeben.

EORI Nummer für Deutschland beantragen:

Anweisungen zur Beantragung einer EORI Nummer für Deutschland finden Sie hier. Der Antrag ist kostenlos. Es kann 3-4 Wochen dauern bis die Erteilung erfolgt.

EORI Nummer für Österreich beantragen:

Anweisungen zur Beantragung einer EORI Nummer für Österreich finden Sie hier. Der Antrag ist ebenfalls kostenlos. Es kann bis zu ca. 10 Tagen dauern bis die Erteilung erfolgt.

Muss für Stahlbau aus EUR1 Ländern Zoll bezahlt werden?

Durch ein Zollabkommen mit der EU (Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen) sind Produkte, aus diesen Ländern mit entsprechender Ursprungsbescheinigung zollfrei, jedoch müssen bei der Einfuhr die anfallende Mehrwertsteuer und die Bearbeitungskosten der Spedition im Empfängerland vom Empfänger selbst getragen werden. Die anfallende Mehrwertsteuer bei der Einfuhr ist wie die Vorsteuer zu behandeln.

Bis zu einem Rechnungsbetrag von 6.000€ reicht dafür der entsprechende Verweis auf der Rechnung des Lieferanten, sofern dieser ermächtigter Exporteur ist. Der Wortlaut ist genau einzuhalten und lautet wie folgt:

Der Ausführer (Ermächtigter Ausführer; Bewilligungs-Nr. ……. [1]) der Waren, auf die sich dieses Handelspapier bezieht, erklärt, dass diese Waren, soweit nicht anders angegeben, präferenzbegünstigte ……. [2]-Ursprungswaren sind.

Oder in englischer Sprache:

The exporter of the products covered by this document (customs authorization No … (1)) declares that, except where otherwise clearly indicated, these products are of … (2) preferential origin.

Bei einem Warenwert über 6.000€ wird eine separate EUR-1 Erklärung benötigt. Diese wird Ihr Lieferant, oder dessen Spediteur beim zuständigen Zollamt beantragen. Die Lieferanten sind in der Regel mit diesem Vorgang vertraut.

Wie funktioniert die Verzollung?

Im Gegensatz zu Lieferungen aus dem EU-Ausland, müssen die Waren die EU-Aussengrenze passieren. Dabei findet eine Verzollung statt. Es fällt zwar kein Zoll an, aber die Formalitäten sind dennoch zu erfüllen.

Ihr Lieferant wird in seinem jeweiligen Land eine Ausfuhranmeldung erstellen. Die Einfuhranmeldung obliegt in der Regel dem Käufer. Einige Spediteure bieten zwar eine Lieferung DDP oder oft “frei Haus” genannt an, das ist aber aufwendig, mit weiteren Kosten verbunden und in den meisten Fällen nicht sinnvoll.

Die Einfuhranmeldung kann von einer Zollagentur durchgeführt werden. Wenn Sie noch keine Zollagentur haben, können Sie sich an Ihre Hausspedition oder spezialisierte Dienstleister wie “Die Zollagentur” (Deutschland) oder “AWOR Customs” (Österreich) wenden. Für die Einfuhranmeldung fallen geringe Kosten an. Bei der Zollagentur belaufen sich diese auf 40€ netto je Zolltarifnummer. Bei geschweissten Stahlkonstruktionen und ähnlichen Bauteilen haben Sie meist nur eine Zolltarifnummer.

Die Zollagentur nennt Ihnen dann die Zollstelle, die der Spediteur zur Gestellung der Ware anfahren soll und bereitet die Unterlagen für die Verzollung vor.

Incoterm DAP oder DDP verwenden?

Die Incoterms DAP und DDP regeln die Zuständigkeiten von Käufer und Verkäufer bei der Lieferung. Im Fall von DDP (Delivery Duty Paid – Geliefert verzollt) muss sich der Käufer um nichts weiter kümmern. Klingt erst einmal gut, bringt aber einen großen Kostennachteil mit sich. bei Verwendung von DDP muss nämlich der Verkäufer die Einfuhrumsatzsteuer im Zielland entrichten und hat in der Regel keine Möglichkeit, diese zurück zu bekommen. Der Verkäufer muss die Einfuhrumsatzsteuer also in den Produktpreis einkalkulieren.

Kommt hingegen die Lieferklausel DAP zum Einsatz, entrichtet der Käufer die Einfuhrumsatzsteuer und bekommet diese als Vorsteuer gutgeschrieben.

Wann ist DDP sinnvoll?

Aus den oben genannten Gründen ist generell die Lieferklausel DAP zu bevorzugen. In einigen fällen kann es aber sinnvoll sein, DDP zu verwenden:

  • beim Verkauf an Privatkunden (weil diese ohnehin keinen Vorsteuerabzug geltend machen können)
  • bei geringem Warenwert (z.B. Musterlieferungen)
  • Bei Lieferungen im Unternehmensverbund (z.B. Tochtergesellschaft im Ausland)

Was ist die Einfuhrumsatzsteuer und wann ist diese zu bezahlen?

Wenn Waren in die EU eingeführt werden, ist dafür vom Importeur eine Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten. Diese entspricht in der Höhe der normalen Umsatzsteuer und ist auch wie diese zu betrachten. Als gewerblicher Käufer können Sie sich diese Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer erstatten lassen. Es fallen also keine zusätzlichen Steuern im Vergleich zum Kauf in Deutschland an. Ein Spediteur hat diese Möglichkeit des Vorsteuerabzuges allerdings nicht, weshalb die Einfuhranmeldung immer der Käufer machen sollte.

Meist wird die Einfuhrumsatzsteuer unbar entrichtet, d.h. sie wird im Steuerkonto belastet, wo sie dann als Vorsteuer wieder geltend gmacht wird.

Welche Lieferklausel sollte vereinbart werden?

Es empfiehlt sich aus praktischen Gründen (Sprache, Gebühren) einen Incoterm zu wählen bei dem der Verkäufer die Ausfuhranmeldung und der Käufer die Einfuhranmeldung durchführt. Diese reichen zum Besipiel von FCA (Käufer organisiert den Transport) bis DAP (Verkäufer organisiert den Transport).

Beliebte Klauseln wie “Frei Haus” oder “Ex-Works” sind aus folgenden Gründen nicht zu empfehlen:

  • “Frei Haus” definiert nicht genau, welche Pflichten Käufer und Verkäufer haben. Daher sollte diese Klausel im internationalen Handel nicht verwendet werden und anstelle dessen eine Klausel aus den Incoterms 2020 (z.B. DAP) vereinbart werden. Oft wird “Frei Haus” vom Käufer als DDP (Delivery Duty Paid – Ware wird entzollt geliefert) interpretiert. Die Lieferanten verstehen darunter oft DAP (Delivered at Place – Ware wird durch Verkäufer transportiert, aber nicht entzollt). 
  • EXW (Ex-Works – Ab Werk) ist für den beschrieben Anwendungsfall eine ungünstige Lieferklausel da der Käufer nicht nur die Ausfuhrdokumente erstellen muss, sondern die Ware auch auf den LKW laden muss. In der Praxis erfolgt die Beladung aber durch den Lieferanten, da dieser auch die nötigen Mittel (Stapler, Kran, Hebezeuge, Personal) vor Ort hat. Aus diesen Gründen sollte statt EXW immer FCA gewählt werden.

Wie findet man geeignete Lieferanten aus der Balkanregion oder aus der Türkei?

Wenn Sie Lieferantenbeziehungen mit Ländern der Balkanregion oder der Türkei aufnehmen möchten, können Sie uns gerne per Email oder Telefon kontaktieren. Wenn Sie eine konkrete Anfrage haben, benutzen Sie bitte unser Anfrageformular. Gerne finden wir für Sie kostenlos und unverbindlich geeignete Lieferanten und unterstüzen Sie bei der Beauftragung.

Zuletzt überarbeitet am 15. Dezember 2022 von Andreas Janisch